Warum wir gendern sollten
Ein Beitrag von: Sebastian Pink /// Lesedauer: 6 min
Zuhörer, ZuhörerInnen, Zuhörende, Zuhörer:innen, Zuhörer*innen, Zuhörer und Zuhörerinnen. Auf den ersten Blick können diese Formen der Sprache verwirren, denn es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten alle Geschlechter in die Sprache zu integrieren, doch welche davon sollten wir verwenden und warum sollten wir überhaupt gendern? Reicht das generische Maskulinum nicht aus?
Zunächst einmal sollten wir aber klären, was ein generisches Maskulinum überhaupt ist. Damit wird die Verwendung der männlichen Form eines Wortes im Plural bezeichnet. Also beispielsweise das Wort Lehrer. Nach der Theorie des generischen Maskulinums meine ich damit alle Personen, egal welchen Geschlechts. Auch wenn die deutschsprachige Studienlage zu diesem Thema noch wenig entwickelt ist, zeigen neue wissenschaftliche Erkenntnisse jedoch, dass das nicht der Fall ist. Es fühlen sich davon keinesfalls alle Geschlechter angesprochen. Stellen sich hier die männlichen Leser einfach mal vor, wir würden hier dauerhaft von Leserinnen und Zuhörerinnen schreiben, würden sie sich dann angesprochen fühlen? Das wäre ein generisches Femininum. Auch Experimente mit Kindern haben gezeigt, dass diese die männliche Form spezifisch, nicht generisch verstehen. Ganz besonders die Mädchen.

Wir sollten uns also Gedanken um das Thema machen. Doch was wäre jetzt die richtige Schlussfolgerung daraus? Was sollten wir gendern und sollten wir dies auch in der gesprochenen Sprache tun? Welche Art des Genderns sollten wir anwenden?
Eine klare Antwort darauf gibt es nicht. Bisher gibt es dazu nämlich keine Rechtschreibregeln. Verschiedene Institutionen handeln alle nach den eigenen Regeln. Eine Möglichkeit ist es, beide Formen zu verwenden: Schülerinnen und Schüler oder Lehrerinnen und Lehrer. Dabei fallen aber alle Geschlechter abseits des männlich/weiblich-Spektrums unter den Tisch. Eine bessere Form wäre dann beispielsweise die Verwendung des substantivierten Adjektivs: Lehrende. Doch diese Form eignet sich nicht bei allen Wörtern und nach grammatikalischem Verständnis sind Lehrende auch keine Lehrer:innen, denn lehrend meint in diesem Zusammenhang, dass die Personen dies aktiv tun. Was aber, wenn ein Lehrender nicht im Klassenraum steht, ist er:sie dann noch Lehrender?
Eine bessere Möglichkeit sind Kombinationsformen: SchülerInnen, Schüler*innen, Schüler_innen oder Schüler:innen. Bei der ersten Form fallen auch wieder alle anderen Geschlechter unter den Tisch. Eine gute Alternative wäre dann die Verwendung des Sternchens, des Unterstrichs oder des Doppelpunktes. Diese lassen nämlich Spielraum zwischen den beiden Formen. Nur sie ermöglichen die Inklusion aller Geschlechter innerhalb der Sprache. Doch was davon ist jetzt besser? Ein Argument, was dabei oft angesprochen wird, ist, dass das Sternchen von sog. Screenreadern nicht richtig gelesen werden. Diese werden von blinden oder sehbehinderten Menschen verwendet, um Texte verstehen zu können. Dabei wird das Sternchen oft mit vorgelesen, was die Sache für diese Menschen zusätzlich erschweren kann. Doppelpunkte hingegen werden als Pause gelesen, was auch dem entspricht, was damit beabsichtigt werden soll. Ein Problem des Doppelpunktes hingegen ist, dass auch er nicht wirklich barrierefrei ist, denn „Menschen mit kognitiven Einschränkungen, und alle, die gerade erst Deutsch lernen, irritiert das ungewohnte Zeichen mitten im Wort. Denn der Doppelpunkt hat die Bedeutung: Achtung, jetzt kommt etwas besonders Wichtiges!“ Alle drei Möglichkeiten sind daher abzuwägen. Die letztliche Entscheidung für eine dieser Formen obliegt also der Situation. Das Sternchen hat allerdings einen Vorteil, es fällt auf. Damit wird die Sichtbarkeit aller Geschlechter eher wahrgenommen als mit dem Doppelpunkt. Es entsteht ein Bruch und dieser ist gewollt.
Was aber sollte letztendlich gegendert werden? Auch darauf gibt es keine pauschale Antwort. Vor allem in der Schriftsprache sollten wir gendern, denn diese wird von den Menschen aktiv gelesen. Aber sollten auch Gesetzestexte gegendert werden? Dazu gibt es Debatten, jedoch noch keine Entscheidungen. Wichtig ist es aber, dass sich diesem Thema angenommen wird und darüber diskutiert wird. Das zeigt nämlich, dass es wichtig ist, darüber zu sprechen.
Wie ist es jetzt aber in der gesprochenen Sprache? Auch diese lässt sich gendern mit Hilfe einer Sprechpause: Lehrer (Pause) innen. Einige mögen jetzt argumentieren, dass dies unnatürlich sei, bedenken wir dabei aber, dass im Deutschen bei einigen Wörtern solche Sprechpausen durchaus üblich sind: Spiegel:ei. Anfangs mag dies eine Umstellung sein, aber wie bei vielen Dingen ist das reine Gewöhnungssache. Wir sollte dabei stets im Hinterkopf behalten, dass wir damit mehr Gerechtigkeit für alle Geschlechter schaffen. Die deutsche Sprache wird auch davon nicht untergehen, auch wenn dies manche Schwarzmaler:innen so sehen.
Was aber schließen wir jetzt schlussendlich aus diesen Argumenten? Solange es keine einheitliche Regelung für geschlechtergerechte Sprache gibt, müssen wir selbst aktiv werden. Niemand verlangt dabei, dass wir das perfekt beherrschen und dabei keine Fehler machen dürfen. Allein, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen, zeigt ja schon, dass uns die Thematik nicht egal ist und wir versuchen möglichst allen Menschen gerecht zu werden. Auch wir machen innerhalb unserer Sprache im Podcast und im Alltag Fehler und vergessen auch mal zu gendern. Aber das ist nicht der Punkt. Wichtig ist es alleine, dass wir es zumindest versuchen.
